25.4 Video
Im letzten Abschnitt haben wir uns um den Ton gekümmert – der nächste Schritt ist das dazugehörige Bild. Wer jetzt denkt, dass man unter Linux mit viel Glück nur die wichtigsten AVIs oder MPEG-Videos abspielen kann, hat weit gefehlt – das war einmal. Mittlerweile steht Linux mit der entsprechenden Software Windows in nichts nach, und teilweise kann man sogar mit einfachen Mitteln mehr anstellen als mit dem Betriebssystem aus Redmond. Doch schauen wir uns dazu die entsprechende Software an.
25.4.1 DVDs, DivX und Co.
Vorher wollen wir aber noch ein paar Begriffe und Gegebenheiten klären, damit Sie später nicht ins Schleudern kommen.
Codec
Videos entschlüsseln
Videos sind, wie überhaupt jede Multimedia-Datei, immer in einem speziellen Format hinterlegt. Um dieses Format lesen zu können, brauchen wir einen Decoder, der uns die Daten dann entsprechend ausgibt.
Ein Codec (coder/decoder) ist eine Art Softwarebibliothek mit entsprechenden Funktionen.
Ein Codec wäre zum Beispiel eine Bibliothek, die MP3-Dateien liest und uns die Daten in einem anderen Format zurückliefert. Die Frage nach dem richtigen Codec ist also nicht nur in der Videowelt manchmal ein Problem.
DivX
DivX ist ein besonderer Codec (genauer: eine Codec-Familie) für Videodateien. Oft sind Filme, die man aus dem Netz laden kann, platzsparend als DivX kodiert. Raubkopien haben DivX erst richtig berühmt gemacht – immerhin kann eine 8-GB-DVD so nahezu ohne Qualitätsverluste auf eine 600-MB-Videodatei eingedampft werden, die dann auch gebrannt werden kann.
DVD
Videos gucken!
Das gängige Format für gekaufte oder verliehene Filme ist schon lange die DVD. Wichtig bei diesen Video-DVDs sind vor allem die Ländercodes. Sie sollen verhindern, dass eine DVD überall abgespielt werden kann und der Filmindustrie damit Verluste entstehen. [Fn. Frei nach dem Motto: Vorsicht, Kunde!] Tabelle 25.2 können Sie die DVD-Ländercodes entnehmen.
Code | Region |
0 |
überall spielbar |
1 |
USA und Kanada |
2 |
Europa, Grönland, Südafrika, Japan, Ägypten und Naher Osten |
3 |
Südostasien, Südkorea, Hongkong, Indonesien, Philippinen und Taiwan |
4 |
Australien, Neuseeland, Mexiko, Zentralamerika und Südamerika |
5 |
Russland und andere Länder der ehemaligen UdSSR, Osteuropa, Indien und Afrika |
6 |
VR China |
7 |
reserviert für zukünftige Nutzung |
8 |
internationales Territorium, zum Beispiel in Flugzeugen oder auf Schiffen |
Zudem ist die »Verschlüsselung« mit dem CSS-Verfahren zu beachten. Ursprünglich sollte dieses Feature das Abspielen auf nicht lizenzierten Playern verhindern, allerdings wurde die aufgrund von Exportbeschränkungen recht schwache Verschlüsselung recht bald geknackt.
Bei der Debian-Distribution wirkt sich dieses Problem so aus, dass man die entsprechende Bibliothek zum Entschlüsseln der CSS-Keys nicht direkt in der Distribution findet. Stattdessen gibt es ein Pseudo-Paket, das die eigentliche Bibliothek aus dem Internet nachlädt. Das ist umständlich, aber leider notwendig, wenn man sich nicht strafbar machen will.
25.4.2 MPlayer
Ein Videoplayer hat nun die Aufgabe, die (Video-)Dateien einzulesen, mithilfe des entsprechenden Codecs zu decodieren und schließlich das Video wiederzugeben. Ein unter Linux sehr weit verbreitetes Tool ist der MPlayer (MoviePlayer). Schaut man sich die Features an, so weiß man, warum. Der MPlayer bietet unter anderem:
- Support für MPEG 1/2/4, DivX 3/4/5, Windows Media 7/8/9, Real-Audio/Video bis Version 9, QuickTime 5/6 und Vivo 1/2
- viele für MMX/SSE(2)/3DNow!(Ex) optimierte native AV-Codecs
- Support für XAnim- und binäre RealPlayer-Codec-Plugins
- Support für Windows-Codec-DLLs (!)
- grundlegende VCD/DVD-Abspielfunktionalität (inklusive Untertitel)
- Videoausgabe auf allen möglichen und unmöglichen Schnittstellen
- Jedes unterstützte Dateiformat kann in Raw/DivX/MPEG4 AVI (mit PCM/MP3 Audio) konvertiert werden.
- Zugriff auf V4L-Geräte wie beispielsweise Webcams
Unterstützung für Windows-Codecs
Wie Sie sehen, kann der MPlayer als besonderer Clou sogar mit Windows-Codecs umgehen. Aus diesem Grund ist auch eine brandneue Version von DivX für den MPlayer kein Problem. Eventuell sollten Sie aber beachten, dass Sie die Win32-Codecs als eigenes Paket in Ihrer Distribution finden, so dass Sie dieses unter Umständen noch installieren müssen, bevor alles wirklich so funktioniert, wie es soll.
Konfiguration
Videotreiber
Wie bei allen anderen Multimedia-Playern gibt es auch beim MPlayer das Problem, das passende Ausgabe-Plugin zu wählen – nur müssen Sie außer den bekannten Audioschnittstellen auch noch einen passenden Videotreiber auswählen. Letzteres geht aber meistens recht schnell, wenn Sie ein Paket Ihrer Lieblingsdistribution nutzen.
Alle entsprechenden Plugins müssen nämlich mit einkompiliert werden, weshalb die entsprechenden Bibliotheken auf Ihrem Rechner vorhanden sein sollten. [Fn. Die meisten Anwendungen, wie der MPlayer auch, überprüfen während des Übersetzungsvorgangs, welche der Möglichkeiten auf Ihrem Rechner vorhanden sind – daher sollten die entsprechenden Bibliotheken vorher installiert und die Ausgabe dieser Überprüfung kurz begutachtet werden.] In einem Paket sind aber schon die wichtigsten Plugins enthalten – Sie können also einfach ein Paket nach dem anderen ausprobieren.
Exkurs: Bugfixes in freier Software
Eigentlich gehört das folgende Thema ja nicht hierher [Fn. Asche auf unser Haupt.], aber: Bei der Recherche für MPlayer sind wir aber auf der MPlayer-Homepage www.mplayerhq.hu auf folgenden interessanten Ablauf eines Bugfixes gestoßen:
Fehlerbehebung
Ein großer Bug hatte sich in ein Beta-Release des MPlayer geschlichen – die Software ließ sich auf einigen Architekturen nicht kompilieren. Hier der Ablauf der Fehlerbehebung:
- 09.12.2003 05:24 GMT
Der Bug wurde entdeckt. - 09.12.2003 09:15 GMT
Der Bugfix befindet sich im CVS. - 09.12.2003 10:00 GMT
Auf dem FTP-Server sind die neuen Dateien erhältlich.
Binnen fünf Stunden war also ein wichtiger Bug gefixt. Dies wirft zwangsläufig Fragen auf: Warum ging das so schnell? Warum kommt so ein Bug überhaupt in ein (Beta-)Release?
Um diese Fragen beantworten zu können, muss man die Prinzipien freier Software verstehen. Die Entwickler sind eben darauf angewiesen, dass Software getestet wird und es Rückmeldungen durch die Nutzer gibt. Immerhin investieren sie ihre Freizeit und viel Energie in ihre Projekte – dies sollte man respektieren und im Rahmen der eigenen Möglichkeiten unterstützen. Freie Software würde sonst nicht funktionieren.
Und dass ein gemeldeter Bug dann möglichst umgehend gefixt wird, ist natürlich Ehrensache der Entwickler.
25.4.3 xine
xine ist ein mit MPlayer vergleichbarer Videoplayer. Auch sonst ist die Feature-Liste ähnlich lang wie bei diesem. Daher fassen wir im Folgenden einige Punkte zusammen:
- Abspielen von CDs, DVDs und VCDs
- Support für alle möglichen und unmöglichen Video- und Audiodateien
- Support für Multimedia-Streams aus dem Netz
Geschmackssache
Ob man sich nun für xine oder den MPlayer entscheidet, ist weitestgehend Geschmackssache. Wer will, kann natürlich auch beide installieren und ausgiebig testen. Meistens lässt sich einer von beiden leichter konfigurieren, in jedem Fall hilft aber die entsprechende Dokumentation – wenn man nicht zu faul ist, sie auch zu lesen.
Konfiguration
Für die Konfiguration von xine gilt, was die Ausgabe-Plugins anbelangt, dasselbe wie für die von MPlayer. Falls es mit der Konfiguration von xine nicht so richtig klappen will, ist oft die Webseite des Projekts (www.xinehq.de) ein guter Ausgangspunkt für die Problemlösung. Teilweise muss man noch für DVD-Support und Ähnliches Bibliotheken installieren, damit alles funktioniert. Beispielsweise benötigen Sie zum Abspielen von DVDs die folgenden Bibliotheken:
- libdvd
- libdvdread
- libdvdnav
25.4.4 VLC
Ein sehr schlanker, auch für Windows verfügbarer Videoplayer ist der VLC. Er kann nicht nur DVDs und alle möglichen Videoformate, sondern auch Internet- Audio-Streams abspielen.
Abbildung 25.5 VLC spielt den Deutschlandradio Kultur-Audio-Stream
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